Wann werden Computerspiel & Co zur Sucht?

 

 

Fragebogen zur Social Media Sucht ( Somedis-A) 

Fragebogen zur Streaming- Sucht (Stredis- A)

Fragebogen zur Gaming- Sucht (Gadis-A)

 

 

Computer, Internet und das Handy gehören heute zum Alltag von Jugendlichen. Sie verändern die Kommunikation: Man ist immer erreichbar und der Austausch auch über weite Distanzen ist möglich. Junge Menschen haben Anteil an der globalen Vernetzung. Dies geschieht mit einer Selbstverständlichkeit, die vielen Eltern fremd ist.

Haushalte in Deutschland, in denen ein Jugendlicher im Alter zwischen 12 und 19 Jahren lebt, haben mindestens ein Handy, 97% haben mindestens einen Fernseher, 100% mindestens einen Computer oder Laptop, 98% einen Internetzugang und 68% eine Spielkonsole. 60% der Mädchen und 61% der Jungen dieses Alters haben einen eigenen Fernseher, 72% der Mädchen und 77% der Jungen einen eigenen Computer, 54% der Mädchen und 55% der Jungen einen eigenen Internetzugang und 43% der Mädchen und 56% der Jungen eine eigene Spielkonsole [4].

In Deutschland sind 60,1% der Frauen und 74,5% der Männer ab 14 Jahren Internetnutzer. In der Gruppe der 14 - 19-Jährigen sind es 97,5%. Die Gruppe der 14?19-Jährigen verbringt mit dem Medium Internet mehr Zeit als mit Fernsehen (136 Minuten Internet und 97 Minuten Fernsehen täglich, in der Gesamtgruppe 70 Minuten Internet und 228 Minuten Fernsehen) [1].
 

Beurteilung der Computer- und Internetsucht

Der Begriff "Internetsucht" wurde von dem New Yorker Psychiater Ivan Goldberg vor einigen Jahren eher scherzhaft erwähnt und seit die New York Times 1995 das Thema Internetsucht aufgriff, mehren sich Untersuchungen und Diskussionen um diese Problematik.

Letztlich kann jedes menschliche Verhalten oder Interesse entgleisen und zur Sucht werden, wenn dieses exzessiv und weit über das Normalmaß hinaus ausgeführt wird und der Betroffene dadurch Schaden nimmt. Zur Beurteilung einer Computer- oder Internetsucht werden in der Regel an das exzessive Computerspiel und Internetnutzung angepasste Diagnosekriterien für Abhängigkeit (von Drogen) herangezogen.
 

Merkmale und Kriterien einer Computerspiel-/Internetsucht

  • Einengung des Verhaltens: Computerspiel und Internet werden zur wichtigsten Aktivität und dominieren das Denken, Fühlen und Verhalten des Betroffenen.
  • Regulation negativer Gefühlszustände: Mithilfe der Medien wird das Leben vorübergehend angenehmer, unangenehme Gefühle treten in den Hintergrund und es stellt sich ein Kick, eine angenehme Erregung und Entspannung ein; die Mediennutzung wird als inadäquate Stress­bewältigung benutzt.
  • Toleranzentwicklung: Der gewünschte Kick kann nur durch längere und extreme Medien­nutzung erzielt werden.
  • Entzugserscheinungen: Kann das Medium nicht genutzt werden, treten Unruhe, Nervosität, Aggressivität und vegetative Symptome auf. 
  • Kontrollverlust: Der Medienkonsum kann vom Betroffenen zeitlich und inhaltlich nicht mehr kontrolliert werden.
  • Rückfall: Nach Zeiten der Abstinenz oder des kontrollierten Konsums kommt es erneut zu exzessivem unkontrollierten Konsum.
  • Anhaltender Konsum trotz schädlicher Folgen: Der Medienkonsum hat negative Folgen für Schule, Ausbildung, Hobbys und Sozialkontakte.
     

Bei exzessiver Computer- oder Internetnutzung steht das starke Verlangen zu spielen und eine eingeschränkte Kontrolle über das Verhalten im Vordergrund ? ein Verlangen, das trotz negativer Konsequenzen fortgesetzt wird. Die Betroffenen zeigen in Bezug auf die psychische Sym­ptomatik ähnliche Merkmale wie bei anderen Drogen.

Eine wichtige Rolle spielt sowohl bei substanzgebundener als auch bei Verhaltenssucht das Bestreben, schnell und effektiv Gefühle im Zusammenhang mit Frustration, Ängsten oder Unsicherheiten regulieren oder verdrängen zu können. Es geht darum, das Leben erträglicher zu gestalten und eine Bewältigungsstrategie im Sinne eines Selbstregulations- oder Selbstheilungsversuches zu entwickeln.
 

Wie häufig ist die Computerspiel- und Internetsucht?

Es gibt bisher nur wenige Untersuchungen zur Verbreitung von Computerspiel- oder Internetsucht. Zu bedenken ist, dass es keine verbindlichen Kriterien für die Klassifikation eines exzessiven oder süchtigen Computerspielens gibt. So sind auch die Zahlen  mit Vorsicht zu bewerten, da einheitliche Kriterien für die Diagnose "Computerspielsucht" und "Internetsucht" fehlen und damit die Vergleichbarkeit fraglich ist.

In einer Befragung des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen werden 3% der Jungen und 0,3% der Mädchen als süchtig und weitere 4,7% bzw. 0,5% als gefährdet diagnostiziert [8]. In internationale Studien zum pathologischen Internetgebrauch finden sich Angaben für Jungendliche zwischen 1,6% bis 8,2% [2, 3].

Was Ursachen und was Auswirkungen exzessiven Computerspielens und Internetnutzung sind, ist noch nicht geklärt und bedarf weiterer Untersuchungen [2, 5, 6]. Wenn Jugendliche z. B. beim Online-Spiel ?World of Warcraft? Erfolg und Anerkennung bekommen, im Internet Kontakte pflegen und vorübergehend abschalten und vergessen können, dies jedoch im realen Leben verwehrt ist, besteht die Gefahr, nicht mehr von dem Medium lassen zu wollen.
 

Behandlung: Im Einzelfall stationär

Wenn Computerspiele und Internet den Tag bestimmen, alterstypische Entwicklungsaufgaben wie Schule, Hobbys, das Pflegen von Sozialkontakten zu Gleichaltrigen und die Körperhygiene vernachlässigt werden und eine entsprechende psychiatrische Grundstörung vorhanden ist, kann im Einzelfall eine stationäre Therapie angezeigt sein. Diese Jugendlichen müssen lernen, ihren Tag zu strukturieren, einen Zugang zu ihrem Körper zu bekommen, Sozialkontakte aufzubauen und ihrem Leben einen Sinn zu geben jenseits der Welten des World Wide Web.